Warum der Mindestlohn nicht nur Vorteile hat . . .

Veröffentlicht am: 14. November 2025|Kategorien: Blog|

Liebe Leserinnen,

liebe Leser,

auf den ersten Blick scheint der gesetzliche Mindestlohn ein faires Instrument: Jeder Beschäftigte soll für seine Arbeit eine angemessene Bezahlung erhalten. Doch in bestimmten Branchen – wie der Zeitungszustellung – bringt er auch Probleme mit sich, die oft übersehen werden. Besonders kleine, lokal verwurzelte Zeitungen, wie das Schifferstadter Tagblatt, leiden unter einer strukturellen Ungleichbehandlung.

Die Zustellung einer Zeitung verursacht für kleine und große Verlage grundsätzlich denselben Aufwand: Ein Bote muss früh morgens zu jedem einzelnen Haushalt fahren oder laufen – unabhängig davon, wie viele Abos eine Zeitung verkauft. Der gesetzliche Mindestlohn führt dazu, dass diese Zustellkosten für alle gleich hoch sind. Doch während große Zeitungen ihre hohen Stückzahlen effizienter verteilen und die Kosten auf viele Abonnenten verteilen können, trifft der gleiche Lohnaufwand kleine Zeitungen unverhältnismäßig hart.

Große Medienhäuser verfügen oft über starke Marken, große Werbeetats und eine breite Leserschaft. Sie können Preiserhöhungen besser kommunizieren oder durch Zusatzangebote rechtfertigen. Kleine, regionale Zeitungen hingegen stehen in engem Wettbewerb – nicht nur untereinander, sondern auch mit kostenlosen Online-Angeboten. Sie können die steigenden Zustellkosten nicht einfach an ihre Abonnenten weitergeben, ohne diese zu verlieren. Ein Preisanstieg um ein paar Euro monatlich kann für eine lokale Zeitung ein Risiko bedeuten.

Warum der Stücklohn besser geeignet war: Über viele Jahre wurde die Zeitungszustellung als einzige Branche in Deutschland auf Basis eines Stücklohns vergütet – also nach der Anzahl der zugestellten Zeitungen, nicht nach Stunden. Das hatte gute Gründe: Die Arbeit ist hochgradig leistungsabhängig und variiert je nach Zustellgebiet stark. Manche Zusteller brauchen für ihre Route nur 45 Minuten, andere deutlich länger, etwa bei weit auseinanderliegenden Haushalten oder schlechtem Wetter. Der Stücklohn sorgte hier für ein leistungsgerechtes System: Wer schneller war, verdiente effektiver – und die Verlage konnten die Zustellung besser kalkulieren. Außerdem war der Stücklohn bei einer kleinen Zeitung, wie dem Tagblatt einfach geringer, wie bei einer größeren Zeitung. Kleine Zeitung – kleiner Stücklohn, große Zeitung – höherer Stücklohn. Diese flexible und für beide Seiten faire Lösung wurde mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns abgeschafft. Fazit: Eine gut gemeinte Regel mit unfairen Folgen. So ist heute nicht etwa die Redaktion oder Druck der höchste Kostenfaktor für einen Zeitungsverlag, sondern die Zustellung.

Der Mindestlohn schützt viele Arbeitnehmer, das ist richtig und wichtig. Doch im Bereich der Zeitungszustellung führt er zu einer Schieflage, die kleine Verlage stark benachteiligt.

Das Tagblatt-Team wünscht Ihnen ein schönes Wochenende!

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