“Waldbrände laufen uns weg”
7. Juli 2023“Drücken Sie bitte die 1”
7. Juli 2023Liebe Leserinnen, liebe Leser
„Fast 40 Prozent der Gemeinden in Deutschland werden wohl 2025 von keiner Lokalzeitung mehr beliefert. Wie könnte die öffentliche Hand den Medien helfen, ohne Schaden anzurichten?“
Diese Frage stellen sich in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung Leif Kramp (Forschungskoordinator am Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung der Universität Bremen) und Stephan Weichert (er steht dem Vocer-Institut für Digitale Resilienz vor), den wir an dieser Stellen in Auszügen wiedergeben:
„In den USA ist es schon jetzt so, dass 70 Millionen Amerikaner ihren Durst nach Nachrichten nur noch eingeschränkt löschen können. Das Horrorszenario seelenloser „Ein-“ oder „Kein-Zeitungs-Kreise“ wird auch in Deutschland beschworen. Der BDZV (Verlegerverband) rechnet vor, dass bis 2025 rund 4400 Kommunen von gar keiner Lokalzeitung mehr beliefert werden könnten.
Im Koalitionsvertrag wurde eine „Gewährleistung einer flächendeckenden Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen und deren baldige Umsetzung“ vereinbart. Vor allem konzentrieren sich die Forderungen derzeit auf die „letzte Meile“ – also Unterstützung bei der Zustellung von Abonnement-Zeitungen unter Wahrung der journalistischen Unabhängigkeit. Aktuell ist die Lage aber eher ernüchternd, in den Ministerien schiebt man sich die Verantwortlichkeiten für eine Presseförderung gegenseitig zu. So richtig zuständig fühlt sich seit Monaten niemand.
Auch die deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverleger hoffen nach der Zusage der Bundesregierung auf eine Branchenförderung. Anja Pasquay vom BDZV weist darauf hin, dass „eine Besteuerung der redaktionellen journalistischen Produkte mit null Prozent“ hilfreich sein könnte.
Einig ist sich die Branche freilich nicht: Ein Vorstoß des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz zur Förderung der Transformation der Pressewirtschaft mit 180 Millionen Euro weckte den Unmut von Digitalpublishern wie „Krautreporter“, die darin eine Wettbewerbsverzerrung und sogar eine „staatliche Subventionierung“ der Geschäftsmodelle gewinnorientierter „Druckverlage“ sahen. Die Situation bleibt vertrackt, bis heute: Es gibt zahllose kleine und mittelständische Verlage, die inzwischen mit dem Rücken zur Wand stehen und dringend finanzielle Unterstützung benötigen.
Dass neue Lösungen gefragt sind, weil die einstigen Geschäftsmodelle erodieren, glauben nicht zuletzt die „Freischreiber“, der mit aktuell rund 900 Mitgliedern größte Verband freischaffender Journalisten in Deutschland: „Deshalb begeben sich immer mehr Medienhäuser auf Sparkurs oder verstricken sich in heikle Abhängigkeiten. Dieser Kurs schwäche „das kostbarste Gut der Medien: die Glaubwürdigkeit“.
Wie aber kann die öffentliche Hand den Medien helfen, ohne noch mehr Schaden anzurichten? Direkte Subventionen lehnen die Freischreiber ab, „um Einflussnahme zu vermeiden“. Journalismus ist (viel) mehr als ein Kulturgut, weil er in Vielfalt und Breite system- und damit demokratierelevant ist.
Umso deutlicher ist heute: Journalismus dient dem Gemeinwohl in so vielfältiger Weise, dass eine Gesellschaft gut daran tut, sich ernsthaft um seine Förderung zu bemühen.“